Hessens Clubs der 80er
Ein Streifzug durch die hessischen Discos der 80er. Wo ging der erste Technohype ab, wo tanzte Prince und gab es den Ballerman schon in Hessen?
Ein Streifzug durch die hessischen Discos der 80er. Wo ging der erste Technohype ab, wo tanzte Prince und gab es den Ballerman schon in Hessen?
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Relativ zentral im Bundesland gelegen zog die inoffizielle Hauptstadt Hessens natürlich alle Partygänger an. Hier pulsierte das schillernde Nachtleben, hier fanden wir Clubs von internationalen Rang und vor allem von großer musikalischer Relevanz für die sich entwickelnde House/Techno-Szene sowie für den deutschen HipHop.
Es tauchen immer wieder Namen auf wie Sven Väth und Michael Münzing, die später noch über Hessen und Deutschland hinaus zur musikalischen Exportmarke für Eurodance und Techno wurden.
Deutschlandweit galt Frankfurt mit seinen Clubs, DJs und Producern als Dreh- und Angelpunkt für die Entwicklung von Techno in Deutschland. Europäische EBM-Einflüsse, Italo Disco
aus dem Süden, deutsche Elektrobands und der Mitte der 80er importierte aufkeimende Chicago-House waren wechselseitig relevant für den typischen Sound of Frankfurt. Relevante Locations waren zu Beginn das Vogue und das Dorian Gray, später auch das Omen.
Aber auch die deutsche Hip-Hop Szene findet hier ein Teil seiner Wurzeln. Das „Funkadelic“ in Frankfurt war so etwas wie ein Meltingpoint der internationalen Funk-Szene.
Aber nicht nur Diskotheken, die durch ihre Relevanz für die Entwicklung des Dancefloorsounds der Achtziger ausschlaggebend waren, sind Teil der Erinnerungskultur der hessischen Clubwelt.
Wir führen auch Diskotheken auf in ländlichen Gebieten, die durch eine gewisse Einzigartigkeit und ihren enthusiastischen Wunsch Besonderes zu bieten eine Art Kultstatus über ihre Region hinaus erreicht haben. Diese Liste ist natürlich alles andere als vollständig, das wissen die Hessen selbst am besten. Sie zeigt aber doch einen bedeutenden Ausschnitt der Club-Welt in den 80ern, die unmissverständlich die Relevanz des landläufigen Ausdrucks untermauert: „Die Hessen kommen!“
Anfang der 80er Jahre war der Begriff „Club“ noch gleichbedeutend mit Verein. Das Dorian Gray hatte als eine der ersten Discos in Deutschland bereits Anfang der 80er diese Zusatzbezeichnung. Vielleicht auch weil hier – trotz der Größe (bis zu 2.500 Gäste) – nicht ausnahmslos jeder reinkam. Man musste schon szenetauglich, weniger landeimäßig daherkommen.
Das Dorian Gray war legendär und weit über die hessischen Grenzen hinaus bekannt. Ein „Club“ im Frankfurter Flughafen. Es war bekannt für seine Größe, sein luxuriöses Ambiente und seine Rolle als Keimzelle der frühesten Techno-Szene. Der Club, der sich im Untergeschoss von Terminal 1 befand, zog Nachtschwärmer und Musikliebhaber aus aller Welt an und galt als eine der angesagtesten Adressen für elektronische Musik.
Es war eine der ersten Locations in Deutschland, wo bereits Mitte der 80er House aufgelegt wurde, und war insofern der Hauptstadt Berlin voraus. Fans des Clubs bezeichneten ihn gerne als das „Studio 54“ Frankfurts, angelehnt an die legendäre Disco New Yorks um die Jahrzehntenwende.
Sven Väth war einer der späteren Megastars, der (auch) hier als DJ seine Karriere startete. Weitere bekannte DJ-Namen sind Torsten Fenslau (Culture Beat), Michael Münzing (Snap, Off & 16 Bit, beide mit Sven Väth) Talla 2XLC, Tom Wax und viele mehr. Das Dorian Gray gilt als eine der Geburtsstätten des Sound Of Frankfurt (später auch Frankfurt Beat).
In den 80er Jahren gehörte der Vogue Club neben bekannten Adressen wie dem Uno oder Plastik zu den angesagtesten Clubs in Frankfurt. Während in anderen Teilen der Stadt der Punk die Szene dominierte, tanzten hier die Leute zu Soul-, Boogie-, Italo-, Freestyle-, Funk- und frühen House-Klängen.
Besonders begehrt waren in den 80ern neben den Einlassregeln auch Kassetten mit Live-Aufnahmen aus dem Vogue. Einer der bekanntesten Türsteher Frankfurts war damals Werner Südhoff. Die „Vogue-Mauer“ entschied, wer rein durfte und wer nicht, und war eine echte Persönlichkeit im Frankfurter Nachtleben.
Bereits in den 70ern war Südhoff durch seine Mitgliedschaft in der Disco-Dance-Gruppe Chilly bekannt geworden. Mit dem Hit „For Your Love“ landete die Band einen internationalen Clubhit und veröffentlichte zwischen 1978 und 1982 insgesamt vier Alben. Nachdem das Vogue geschlossen wurde, wurde umgebaut und im Oktober 1988 eröffnete die Location neu unter dem Namen „Omen“.
Ebenfalls in Frankfurt gelegen, war das Omen ein wichtiger Club der sich zunehmend entwickelnden Techno-Szene. Der Club ging 1988 aus dem Club Vogue hervor und war maßgeblich an der Verbreitung von Techno-Musik in Deutschland beteiligt. Hier wurde vorwiegend Techno gespielt sowie die härteren Gangarten des House-Sounds, der nach Deep- und Chicago-House mit Acid- und Hardhouse weitere Felder in Richtung Techno beschritt.
Ein weiterer Beweis für die Kreativität der dortigen Szene ist die Band Mysterious Art. Die an den Club angelehnte Single "Das Omen (Teil 1)" ging in Deutschland auf Platz 1 der Charts und zeigte ganz am Ende der Dekade, wo die Reise in den 90ern musikalisch hingehen würde.
Der Club befand sich im Erdgeschoss eines mittlerweile abgerissenen Parkhauses in der Junghofstraße in der Innenstadt von Frankfurt in der Nähe zur Hauptwache. Unter der Führung des Trios Sven Väth (ja, nach dem Dorian Gray auch hier prägend), Michael Münzing und Mathias Martinson entwickelte sich der Club in den folgenden zehn Jahren zu einem der Zentren der weltweiten Techno-Szene, bis er 1998 für immer schloss.
Anfänglich war die Location als reiner Konzert- und Live Club konzipiert, wurde während der Bauphase dann aber umgeplant und so wurde auch der Diskotheken-Betrieb entworfen. Die eingemauerten Bässe unter der Bühne und die Laseranlage waren absolute Highlights. Nach fast zweijähriger Bauzeit und Baukosten in Höhe von ca. 2,8 Mio. D-Mark, öffnete am 21.03.1985 die Frankfurt Music-Hall. Das erste Konzert in der Music-Hall war von Katrina & The Waves. Viele Pop/Rock Weltstars spielten dort ihre ersten Deutschland Konzerte: Simply Red, INXS, Neil Young, Falco, Dave Stewart, Roxette, Alexander 0`Neal, A-ha, Nina Hagen u.v.m.
Wegweisende Künstler & Bands der elektronischen Musik hatten hier ersten Auftritte: Propaganda, Anne Clark, DAF, Nitzer Ebb, Moskwa TV, Camouflage…
Ganz nebenbei war die Music-Hall zu dieser Zeit Europas größte Diskothek. Der erste DJ der Music-Hall war (auch hier ist er wieder dabei) Michael Münzing, der Jahre später mit SNAP! berühmt wurde. So vielfältig wie das Publikum – der „Punker“ stand neben dem „Banker“ – so vielfältig war auch die Musik. Pop/Rock/Wave/Dance/Electro Songs der damaligen Zeit wurden dort schon gespielt, bevor sie in anderen Clubs zu hören waren oder noch später in den Charts zu Hits wurden. Ende 1993 beanspruchte die Stadt Frankfurt das gepachtete Grundstück zurück und besiegelte somit das Ende der Music-Hall. Am 25. 06.1994 war die Schließung. Der Rest ist Geschichte…
Die Diskothek Funkadelic in Frankfurt, gegründet 1983, war eine bedeutende Institution im Frankfurter Nachtleben, besonders für Black Music und die Entwicklung des deutschen Hip-Hop. Es war bekannt dafür, dass afroamerikanische GIs dort als DJs auflegten und Breakdance sowie Rap präsentierten, was zu einem wichtigen kulturellen Austausch führte. Heute ist der Club unter dem Namen "The Cave" bekannt und hat eine neue Location in der Bleichstraße.
Unvergessen bleiben die schweißtreibenden Nächte. Wenn aus dem Keller dichte Rauchschwaden auf die offene Straße strömten, wusste man, dass wieder die Party lief. Die besten DJs legten im wahrsten Sinne des Wortes die Beats so auf die Ohren der Gäste, dass kaum jemand stillstehen konnte. Die wortgewandtesten MCs rappten was das Zeug hielt, während der ganze Laden die Hände zum Zeichen des Funk in die Luft streckte und „Ho!“ rief.
Moses P., Turbo B. von Snap, D-Flame, Terence Trent D’Arby – nur einige Frankfurter Namen, die im „Funky“ unterwegs waren und später bundes- oder sogar weltweiten Ruhm erlangten. Große Stars wie Prince, Herbie Hancock oder Joe Cocker, Bands wie Parliament und Funkadelic sowie Rapper der ersten Stunde wie Kurtis Blow und Whodini erholten sich dort nach ihren Auftritten in Frankfurt.
An einem Freitag, dem 13. schlug der Blitz im kleinen Ballersbach bei Herborn im mittelhessischen Lahn-Dill-Kreis ein: 1981 eröffnete die Diskothek Flash, die zehn Jahre lang ein Magnet für die Region Mittelhessen war. Am Ortsrand von Ballersbach entstand so zu Hochzeiten der Disco-Welle ein Tanzlokal, das schnell einen legendären Ruf erlangte.
Anfangs war es von Mittwoch bis Sonntag geöffnet, doch der Donnerstag wurde zum absoluten Highlight. Günstige Getränke und Sonderangebote lockten vor allem Jugendliche und junge Erwachsene aus Gießen und dem Westerwald an, deren Geldbeutel nicht so prall gefüllt war.
Bereits um 20 Uhr wurde an der Tür geklopft, denn damals gab es die Sperrzeit um eins. Damit war das Flash am Donnerstag sowas wie einer der ersten After-Work-Clubs, ohne sich so zu benennen. In den 80ern lief hier alles – NDW, Italo Disco, HiNrg – und man wusste, den Unterhaltungsfaktor noch zu steigern:
Das Flash bot auch Attraktionen wie Schlamm-Catchen, Man-Strip, Misswahlen oder Shows, bei denen auch mal Gäste entblößten, wie bei den legendären Beachparties, bei denen auch mal große Aufstellpools zu Bruch gingen. Für einen großen Teil der Nord- und Mittel-Hessen war es DIE Erlebnisdisco ihrer Jugendzeit.
Als einzige Großstadt in Nordhessen war Kassel in den 1980er Jahren einer der Orte zum Ausgehen, Feiern und Tanzen. Zu den Ausgehfreudigen gehörten natürlich junge Leute und Studenten der Gesamthochschule, die das breite Angebot mitaufbauten und zu schätzen wussten.
So feierten z.B. die Punks im "Kensington Market" (Leipziger Straße) oder im "Loch" (Sandershäuser Straße), während im "Last Penny" (Sickingenstraße) Black Music gespielt wurde und im "Spot" (Werner-Hilpert-Straße) Ende der 1980er Jahre die ersten Hip-Hop-Songs zu hören waren.
Der Name der Disco Pul entstand in Anlehnung an das englische Wort "Pool". Der Laden befand sich am Westring und wurde laut einem HNA-Bericht („Hessisch-Niedersächische Allgemeine“ / Tageszeitung) aus dem Jahr 1981 als eine „Bedürfnisanstalt für gut erzogene Punks und manierliche Popper“ beschrieben.
Der Club 74 in Waldems-Esch (Hinter-Taunus) war eine beliebte Diskothek in den 80er Jahren, die für ihr gemischtes Publikum und ihre offene Atmosphäre bekannt war. Hier feierten Menschen jeden Alters und unterschiedlicher Szenen gemeinsam.
Der etwas abgelegene Club im Rheingau-Taunus war ein regionaler und später auch überregionaler Treffpunkt, der für seine legendäre Stimmung und die Freiheit auf der Tanzfläche bekannt war. Es gab keine Türpolitik, keinen Dresscode, keinen Schnösel-Charme. Man musste nicht cool sein oder die richtigen Songs kennen.
Er zog ein vielfältiges Publikum an, darunter Studenten, Angehörige der US-Army und Menschen aus verschiedenen Jugendkulturen wie Hippies, Metaller, Punks und Darkwaver. Der Club 74 befand sich zunächst im Saalbau der Gaststätte "Zur Krone" und zog später in eine Halle im Industriegebiet um.
Die Disco war für ihre ungezwungene Atmosphäre bekannt, in der es keine strengen Regeln oder Dresscodes gab.