Culture Club "Do You Really Want To Hurt Me"
Warum ausgerechnet dieser Song das Schicksal-Lied für die Band war und wieso Culture Club dem englischen Rock’n’Roller Shakin' Stevens auf ewig dankbar sein müssen, erfahrt Ihr hier.
Warum ausgerechnet dieser Song das Schicksal-Lied für die Band war und wieso Culture Club dem englischen Rock’n’Roller Shakin' Stevens auf ewig dankbar sein müssen, erfahrt Ihr hier.
Es ist der Vorabend zu einer Ausgabe von Top of the Pops, der großen Musikshow im britischen Fernsehen. Einer der am nächsten Tag bei Top of the Pops auftreten sollte, war Shakin' Stevens, die britische Light-Version von Elvis Presley. Sein Song "Give Me Your Heart Tonight" stand auf Platz 11 in den UK Single Charts und sollte endlich seine TV-Premiere feiern.
Doch Shakin' Stevens hatte ein echtes Problem: er war krank und lag flach, an einen Auftritt war nicht zu denken. In der Top of the Pops-Redaktion brach Unruhe aus. Was jetzt? Man brauchte dringend einen Ersatz! Ein Blick in die britischen Charts ließ die Wahl auf eine Band fallen, die es immerhin auf Platz 38 geschafft hatte: Culture Club mit ihrem Song "Do You Really Want To Hurt Me".
Wenige Stunden später klingelt bei Culture Club das Telefon: Ob sie morgen vor einem Millionenpublikum auftreten wollen?
Natürlich wollten sie! Boy George war so aufgeregt, dass er die ganze Nacht kein Auge zumachte. Denn dieser Auftritt war nicht nur ihr erster großer im Fernsehen, er war zugleich auch die letzte Chance für die Band. Um zu verstehen, warum das so war, müssen wir genau ein Jahr zurück gehen in die Gründungszeit der Band…
Die Musikszene ist geprägt von den Sex Pistols und David Bowie. Die Sex Pistols sind dabei das Aushängeschild für die rotzige Punkbewegung. David Bowie steht für eine neue, avantgardistische Musik. Er passt in keine Schublade. Und das nicht nur musikalisch - auch seine Kleidung und wie er sich schminkt, machen ihn anders.
Der junge New Waver und Club-DJ Boy George vergöttert David Bowie. In einem Interview sagt er: "Die wichtigste Person in meiner Jugend war David Bowie. Ich war besessen."
Boy George möchte ihn David Bowies Fußstapfen treten, er will, nein, er muss Sänger werden!
Malcolm McLaren, der die Sex Pistols managed, findet an der Stimme von Boy George Gefallen und gibt ihm eine Chance – als Sänger der Band Bow Wow Wow. Doch Boy George passt so überhaupt nicht zur der Funk-Band und fliegt nach kurzer Zeit wieder raus.
Noch im selben Jahr wird er vom Bassisten Mikey Craig gefragt, ob er nicht Lust habe, eine eigene Band mit ihm zu gründen. Roy Hay wird Gitarre spielen, als Drummer haben sie John Moss im Auge. Boy George weiß, wer John Moss ist. Denn Boy George hatte sich schon als 16-Jähriger in John Moss verknallt, als dieser als Model auf dem Cover eines Magazins posierte. Nun ruft er ihn aufgeregt an, um ihn in die Band zu holen. John Moss findet Gefallen an der Idee. Und an Boy George. Die beiden werden schnell ein Paar.
John Moss entwickelt einen straffen Masterplan: Songs schreiben, Auftritte machen, Demos aufnehmen, Majordeal bekommen und ab in die Charts!
Die Band ist schon wegen ihrer Zusammensetzung eine außergewöhnlich. Ein jüdischer Schlagzeuger, ein farbiger Bassist mit jamaikanischen Wurzeln, ein blonder Engländer an der Gitarre und ein irischer Cross-Dresser als Frontmann - oder Frau… für die damalige Zeit eine echt gewagte Mischung. Sie nennen sich erst Sex Gang Children. Dann Praise of Lemmings. Und schließlich: Culture Club. Ein Zuhause für unterschiedliche Kulturen und Musikstile.
Culture Club schreiben Songs, spielen kleine Gigs, nehmen erste Demos auf und verschicken sie an große Plattenfirmen. Doch sie bekommen nur Absagen. Soll es das schon gewesen sein?
Glücklicherweise erkennt man bei Virgin Records das Potenzial von Culture Club. Die Band bekommt schon im Jahr ihrer Gründung einen Major Deal bei Virgin Records. Und bald danach erscheint das erste Album. Es hätte nicht besser laufen können!
Naja, tat es dann auch erstmal nicht… ganz im Gegenteil. Denn die erste Culture Club-Single namens "White Boy" kommt raus und sie wird - ein Flopp! Dann wird die zweite Single released und schafft es ebenfalls nicht in die Charts.
Der Druck auf Culture Club riesig. Zwei Singles, nicht mal ein Achtungserfolg. Das war so nicht geplant. Und vermutlich war damals allen klar: Die dritte Single wird entweder der große Erfolg oder das Ende. Diese dritte Single war ihre letzte Chance. Das Label entscheidet sich für den Song "Do You Really Want To Hurt Me".
Boy George ist total dagegen. Der Song sei nicht gut genug. Er könne nicht mit dem Sound von erfolgreichen Bands wie Spandau Ballet mithalten: "Wenn das unsere nächste Single wird, steige ich aus!”.
Ich weiß, es ist ein bisschen schwer nachzuvollziehen, warum Boy George einen Song, der immerhin Teil ihres Albums war, so dermaßen schlecht redet. Erst recht, weil Boy George den Song selber geschrieben hatte.
Den wahren Grund für seine Ablehnung hat er erst über 20 Jahre später in einem Interview verraten. Das Liebeslied mit dem Reggae-Vibe thematisiert nämlich die Liebesbeziehung von Boy George und Culture Club-Drummer John Moss. Und die verlief nicht immer harmonisch. Angeblich kriegten sich die beiden fast täglich in die Haare. Ihre Bandkollegen waren natürlich tierisch genervt davon. Boy George erklärte, dass für ihn die Veröffentlichung des Songs als Single einfach zu persönlich war, zu nah an ihm dran. Doch am Ende hatte er vielleicht gar keine andere Wahl. Die Plattenfirma saß sowieso am längeren Hebel. "Do You Really Want To Hurt Me" erschien als Single.
Am dann, 23. September 1982 ist es dann tatsächlich soweit: Ein Jahr nach der Bandgründung treten Culture Club im britischen Fernsehen auf. Sie haben keine TV-Erfahrung. Sie spielen sonst nie Vollplayback. Sie schlagen ein wie eine Bombe!
Das liegt auch und vor allem an Boy Georges Erscheinung. Während man bei David Bowie noch wusste, dass da ist ein geschminkter Mann, war man sich bei Boy George nicht mehr so sicher. Ist er ein androgyner Mann oder eine Frau? Presse und Fernsehen stürzen sich natürlich sofort darauf, denn sowas hatte es noch nie im Pop-Mainstream gegeben.
Die Bilder bleiben in den Köpfen… und der Song in den Ohren. Der Auftritt von Culture Club katapultiert die Band nach ganz oben: "Do You Really Want To Hurt Me" geht in weit über 20 Ländern auf Platz 1.
Jahr: 1982
Länge: 4:16
Album: Do You Really Want To Hurt Me
Label: Virgin
Zu fast jedem großen Hit der 80s gibt es eine Geschichte. Und wenn jemand diese Stories kennt, dann Peter Illmann. Im Podcast erzählt er die spannendsten, unglaublichsten und schönsten Geschichten zu den 80s-Hits, die ihr liebt. Jede Woche gibt´s eine neue Folge - viel Spaß!
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"Do You Really Want To Hurt Me" von Culture Club läuft bei 80s80s WAVE. Jetzt hier einschalten!