Tears For Fears "Shout"
Was die Band mit John Lennon gemeinsam hat und warum "Shout" ohne einen amerikanischen Psychologen nie entstanden wäre...
Was die Band mit John Lennon gemeinsam hat und warum "Shout" ohne einen amerikanischen Psychologen nie entstanden wäre...
20.September 1969. Ein Tag, der für Millionen Fans auf der ganzen Welt kein guter war. "Es gab ein Meeting, wo John den Raum betrat und sagte: Jungs, ich verlasse die Band". So erzählte es Paul McCartney 2018 in einem Interview mit dem US-Kultmoderator Howard Stern.
John Lennon verließ die The Beatles. Damit besiegelte er das Ende einer der größten Bands des vergangenen Jahrhunderts. Die Schuldfrage wurde oft diskutiert. Es gab viele Gründe, warum diese einzigartige Band nicht ewig zusammen bleiben würde. Einer davon war, dass John Lennon einfach nicht mehr wollte. Das Band-Korsett war ihm zu eng geworden.
Nach seinem Ausstieg machte er zusammen mit seiner Freundin Yoko Ono eine Therapie. Es handelte sich um die sogenannte Primärtherapie, fünf Monate lang bei Arthur Janov in London und Los Angeles. Diese Therapie des US-Psychologen sollte Patienten von schmerzhaften und traumatischen Kindheitserlebnissen befreien. Das geschah dadurch, das in den Sitzungen Gefühle wieder durchlebt und so rausgelassen wurden. Während dieser Zeit schrieb John Lennon den Song "I Found Out"…
Das Lied ist eine Art Abrechnung mit John Lennons Vergangenheit und zugleich eine Verneigung vor Arthur Janovs Primärtherapie. Denn John Lennon hatte dabei herausgefunden, dass es sich lohnt, sich seinen Schmerzen und Ängsten zu stellen. „Now that I found out I know I can cry.“ - Jetzt, da ich es herausgefunden habe, weiß ich, dass ich weinen kann.
Und John Lennon war nicht der einzige Musiker, der von der Primärtheorie nachhaltig beeindruckt war – auch die Jungs von Tears for Fears hatte sie entscheidend geprägt …
Auch Roland Orzabal and Curt Smith waren bei der Bandgründung 1981 überzeugte Anhänger von Arthur Janovs psychologischem Konzept. Ihren Bandnamen Tears for Fears hatten sie direkt aus einem Buch Janovs entnommen. Denn in „Prisoners Of Pain“ steht: „tears as a replacement for fears“ - also: Tränen als Ersatz für Ängste.
Doch damit nicht genug. Das erste Album der Tears For Fears aus dem Jahr 1983 war ein Konzeptalbum, in dem Roland Orzabal and Curt Smith ihre unglückliche Kindheit mit Hilfe der Primärtheorie verarbeiteten. Das Werk trägt den Namen „The Hurting“, der Schmerz - und es hört es sich an vielen Stellen auch so an. Die Songs tragen Titel wie „Suffer The Children“, „The Prisoner“ oder „Mad World“.
Und selbst nach diesem Album hatten Tears for Fears noch nicht mit der Therapie abgeschlossen – zum Glück! Denn ihr nächster Song zum Thema würde die britische Band zu internationalen Popstars machen…
1984 in der englischen Stadt Bath. Roland Orzibal sitzt in seinem Wohnzimmer und macht Musik. Vor ihm stehen sein Drumcomputer und sein Synthesizer. Mehr braucht er nicht, um Songs zu schreiben.
Roland Orzibal programmiert einen Schlagzeugbeat in seinen Drumcomputer, der ziemlich stark an einen seiner Lieblingsbeats erinnert. Dieser stammt aus „Seen and Not Seen“ von den Talking Heads.
Er hat auch noch die Idee zu einem Refrain, aber ein ganzer Song wird erstmal nicht draus. "Das ist alles, was es war, ein Refrain und das ist es lange Zeit geblieben…“ erinnert Roland Orzibal sich später in einem TV-Interview.
Als er diese Idee eines Tages seinem Bandkollegen Curt Smith im Studio vorspielt, ist der begeistert - und schnell wird aus dem bis dato unvollendeten Werk ein ganzer Song: „Shout“. Der Text spielt wieder ganz klar auf die Primärtheorie an:
„Shout, shout, let it all out, these are the things I can do without…“ (Schrei, schrei, lass alles raus, das sind die Dinge, auf die ich verzichten kann… )
Ein Song wie ein Befreiungsschlag – vielleicht singen viele ihn deshalb bis heute mit tiefster Inbrust mit … Das Lied markiert auch musikalisch einen wichtigen Punkt in der Geschichte der Band Tears for Fears. Denn der Sound von Tears for Fears ändert sich mit „Shout“ und dem dazugehörigen zweiten Album: Früher dominierten Synthesizer und düstere Songs. Jetzt nutzen sie Klaviere, Blechbläser und viele Gitarren…
Als „Shout“ im November 1984 erscheint erobert der Song zunächst die europäischen Charts: Platz 1 in Deutschland und der Schweiz, Platz 4 in England und Platz 6 in Österreich. Im Sommer 1985 hat der Song es dann schließlich auch in den USA bis auf Platz 1 geschafft.
Das Lied wird ein Klassiker - im Gegensatz zur Primärtherapie von Arthur Janov. Die konnte ihre Wirksamkeit in wissenschaftlichen Studien nämlich nicht beweisen. Und auch Roland Orzabal and Curt Smith sind mittlerweile auch keine Fans mehr.
Trotzdem gut, dass es sie gab. Denn ohne die Idee von Arthur Janov gäbe es keine Tears For Fears wie wir sie kennen – und kein „Shout“ - und das wäre wirklich jammerschade …
Jahr: 1984
Länge: 4:55
Album: Songs From The Big Chair
Label: Century
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